Alte Bekannte trifft man in Jospeh Vilsmaiers aktuellem Leinwandfüller "Comedian Harmonists" nicht nur in Form der gleichnahmigen Gruppierung aus den frühen 30ern wieder, sondern auch in Form eines riesigen Aufgebotes an in vergangenen deutschen Produktionen vielgesehenen Gesichtern.
Neben seiner Frau Dana Vavrova und Ben Becker, mit dem er wohl bereits in "Schlafes Bruder" gute Erfahrungen machte, findet man unter ihnen auch Kai Wiesinger ("Kleine Haie", "Hunger", etc.), Meret Becker ("Kleine Haie"), Katja Riemann ("Nur über meine Leiche", "Bandits", "Stadtgespräch", etc.), Heino Ferch ("Knocking on Heavens Door", "Der Winterschläfer") und andere.
Sie alle sind angetreten, um eines der bekanntesten deutschen musikalischen Ensembles zu huldigen, obgleich man genausogut annehmen könnte, sie wollten Joseph Vilsmaier huldigen, der es sicher auch verdient und einige von ihnen groß gemacht hat.
Allerdings...gilt das auch für diesen Film?
Zunächst beginnt alles sehr schwungvoll und mit einigem Witz, der den Charme jener Zeit zu verkörpern vermag. Während sich die Charaktäre gegenseitig kennenlernen, wird auch uns ein Eindruck von ihnen, ihrer Situation, ihrem Umfeld vermittelt. Wir lernen sie als einen haufen junger Menschen kennen, die das Leben von der spaßigen Seite nehmen und der ernsten Realtität weitestgehend den Rücken zuwenden. Diese finden sich - initiiert von Harry Frommermann, dem zentralen Helden der Geschichte - zu besagter Gruppierung zusammen und beginnen nach anfänglichen Schwierigkeiten ihren Weg nach oben.
Freilich läuft das Zusammenspiel des Sextetts nicht völlig reibungslos ab und so kommt es schon bald zu ersten Konflikten. Allen voran der heranwachsende Konflikt zwischen Harry und Robert, die beide in Erna verliebt sind. Dieser aber schwillt lange nur an, nimmt sich Zeit, zu wachsen, bevor er endlich zum Ausbruch kommt, als die Gruppe schon längst Erfolg hat.
Aber nicht nur diese zwischenmenschlichen Problemchen machen den Herren zu schaffen, hinzu kommen die Nazis, die die Herrschaft in Deutschland übernehmen und es freilich nicht gern sehen, daß sich unter den Mitgliedern einer der erfolgreichsten Bands ihres schönen Landes drei Juden befinden.
Somit dauert es nicht mehr lange, bis die Comedian Harmonists ihr letztes Konzert geben. Dies ist der Höhepunkt des Films, alle Konflikte laufen in diesem Punkt zusammen und lösen sich auf. Was folgt ist das Happy-End.
"Comedian Harmonists" wirkt wie ein Betriebsausflug der deutschen Filmindustrie, oder als wolle man Herrn Pavarotti und Gemeinde Konkurrenz machen. Die Story ist einfach zu seicht, zu komödiantisch, um den geübten Darstellern große Leistungen abzuverlangen. Man sieht eigentlich genau das, was man erwartet, wenn man all die aufgezählten Schauspieler in einen Film zusammenpackt. Daß dabei nichts Schlechtes herauskommen kann, scheint nur logisch, aber um dann wirklich großes zu schaffen, sollte man ihnen Rollen auferlegen, in denen sie nicht dieselben Seiten zeigen können, wie sie es sonst tun dürfen.
Vilsmaier aber setzte Personen aus den 90ern in eine Geschichte aus den 30ern, kreierte echte Helden in einer Welt voller Sonnenschein, die seichte Schatten wirft. Das ganze wirkt wie durch einen Hochglanzfilter betrachtet. Somit kommt nie wirklich ein 30er-Jahre-Flair auf, ebensowenig wie der aufkommende Nationalsozialismus seine schockierende Wirkung entfalten kann.
Obgleich der Film eine gewisse Dramatik besitzt, obwohl er auch rührende wie schockierende Momente hat, so vermag er es doch nicht, die Dramatik der Beziehungen und der Machtergreifung Hitlers ergreifend darzustellen. Es hat den Anschein, als wolle Vilsmaier das Publikum diesmal nicht mit schwerem Material belasten und vielleicht verschrecken. Dadurch beweist er zwar Flexibilität, wird aber sein Publikum enttäuscht haben, denn "Comedian Harmonists" reicht bei weitem nicht an die Klasse heran, die er "Stalingrad" durch marternde Sachlichkeit und "Schlafes Bruder" durch erdrückende Mystik zu verleihen vermochte.
Sehr gelungen aber ist das Zusammenspiel von Film und Musik. Die Songs wurden wunderbar passend zu den Szenen gewählt, spiegeln die Stimmungsbilder wieder und tragen viel zu lockeren Gesamteindruck bei.
"Comedian Harmonists" ist solides Kino, unterhält, macht Spaß, hat einen gewissen eigenen Charme und ist leicht verdaulich. Gönnen wir doch Herrn Vilsmaier diese Abwechslung und hoffen, daß er sich das nächste Mal wieder darauf besinnt, ein paar Gräten drin zu lassen, an denen wir uns verschlucken können.
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